Finanz- und Wirtschaftskrisen
Dienstag, 1. Juni 2010 10:32
Ich darf voraussetzen, daß jeder weiß, was wir unter „privater Marktwirtschaft“ verstehen. Ein anderer Begriff, der heute beinahe verpönt ist, ist schlicht „der Kapitalismus“. Einst, als er den Feudalismus ablöste, stand er für gesellschaftlichen Fortschritt und war stolz in aller Munde. Wenigstens das haben Kommunisten geschafft, daß dieser Name heute einen unangenehmen Beigeschmack hat, und aus diesem Grund vermieden wird. Wir erlebten auch, daß aus „privater Marktwirtschaft“ verbal die viel freundlicher klingende „soziale Marktwirtschaft“ wurde. Das alles sind lediglich Begriffe, die am Charakter des, nennen wir ihn künftig einfach wieder „Kapitalismus“ nichts ändern. Was wir heute erleben ist der Kapitalismus in seiner am weitesten entwickelten Form: der Imperialismus.
Krisen im Kapitalismus gibt es schon seit seinem Bestehen. Eine Krise ist eine „Zuspitzung“, eine „gefährliche Lage“ oder auch ein „Wendepunkt“. Sie kann, wie ein Gewitter, eine reinigende, regulierende, aber auch eine verheerend zerstörerische Wirkung haben. Je höher entwickelt der Kapitalismus, desto zerstörerischer wirken seine unvermeidlichen Krisen. Das sollten wir uns einprägen.
Jetzt brauchen wir nur noch zu erörtern:
- Was spitz sich warum zu?
- Warum und für wen wird die Lage gefährlich?
- Was ist der mögliche Wendepunkt?
und werden damit schnell der Sache auf den Grund gehen.
In der kapitalistischen Wirtschaft gibt es:
- die Spekulationskrise
- die Strukturkrise und
- die Wirtschaftskrise
Alle sind eng miteinander verwoben und haben allesamt denselben Ursprung:
Das Streben nach immer mehr Geld (Profit) und damit nach Macht!
Kurioserweise ist das Streben nach Profit die Triebfeder der kapitalistischen Wirtschaft. Und doch wird diese anfangs Fortschritt und Entwicklung bringende Triebkraft zum größten Hemmnis des Kapitalismus selbst, weil sie stetig und zyklisch die Wirtschaft unvermeidlich in eine Sackgasse treibt, wo zerstört wird, was zuvor geschaffen wurde und damit sich selbst infrage stellt.
Was zunächst die Wirtschaft ankurbelt und Reichtum schafft wird zugleich zum größten Verderben der kapitalistischen Produktionsweise.
Das Streben nach Profit fordert eine Produktion, die möglichst große Gewinne abwirft. Die Produktion muß so organisiert sein, daß deren Produkte möglichst billig hergestellt werden, um sie billiger auf dem Markt anzubieten als alle anderen Produzenten = Unternehmer = Kapitalisten = Konkurrenten; nur so kann deren Absatz garantiert werden. Um einen maximalen Gewinn zu erwirtschaften und damit die Wirtschaft aufrechtzuerhalten und zusätzlich Geld anzuhäufen muß ein Unternehmer billiger produzieren als seine Konkurrenten, um die Produkte billiger und trotzdem gewinnbringend verkaufen zu können. Am besten wäre es, er schaltet alle Konkurrenten aus und beherrscht allein den Markt. Und genau das ist bei Strafe seines Unterganges die gesetzmäßig verankerte Pflicht eines jeden Unternehmers im Kapitalismus! Dieser Pflicht kann er sich nicht entziehen. Sie bestimmt sein ganzes Handeln.
In der heutigen Zeit kann ein Unternehmer nur minimal Geld einsparen durch bessere Technik, höhere Effektivität oder billigere Rohstoffe, sein Konkurrent verfügt über dieselbe technische Ausstattung, kauft auf demselben Markt ein. Lediglich kann er sich einen Preisvorteil beim Einkauf von Rohstoffen verschaffen über die Bestellmenge. Er wird folglich bestrebt sein, viel auf einmal einzukaufen, um ebenso viele Produkte zu erzeugen, die er dann aber auch auf dem Markt allesamt absetzen muß. Was heute die Produktionskosten entscheidend beeinflußt und das größte Einsparpotential enthält sind die Lohnkosten der Arbeiter und Angestellten. Gelingt es einem Unternehmer, seine Arbeiter und Angestellte länger arbeiten zu lassen, kann er auf ein paar von ihnen verzichten und diese entlassen. Außerdem kann ein Unternehmer enorm einsparen, indem er die Entlohnung so niedrig als irgend möglich gestaltet. Hat er das geschafft, wird er bald im eigenen Land marktführend sein und seine Konkurrenten geschwächt und schließlich ausgeschaltet haben. Noch mehr Produkte kann er absetzen, noch mehr Profit einfahren, wenn er auch international die Konkurrenz ausschaltet, auf dem Weltmarkt eine führende Position einnimmt. Das schafft er nach ganz genau demselben Prinzip.
Halten wir die zwei entscheidenden (stark vereinfacht dargestellten) vorteilbringenden Faktoren eines Unternehmens fest:
- Preisvorteil beim Einkauf von Rohstoffen über die Menge oder gar Eigentümer der Rohstoffe.
- Geringste Lohnkosten pro Produkt.
Was also geschieht zunächst? – Es wird produziert auf Teufel komm raus! Erst auf dem Markt, beim Absatz der Produkte wird sich der Erfolg oder Mißerfolg einstellen. Der Markt wird mit Produkten überschwemmt, die irgendwann nicht mehr absetzbar sind, weil deren Nachfrage gesättigt wurde. Der Unternehmer bleibt irgendwann auf seinen Produkten sitzen. Er wird zunächst die Produktion herunterfahren, einen Teil seiner angestellten Lohnarbeiter entlassen und zeitweise die Produktion gar gänzlich ruhen lassen. Das erleben wir hochaktuell in der hoch gepriesenen Kurzarbeit zur angeblichen Rettung von Unternehmen und damit Arbeitsplätzen. Das ist Augenwischerei! Kurzarbeit verzögert nur den Untergang eines Unternehmens, kann den Prozeß selbst nicht aufhalten.
Was sind also die Folgen dieser Überproduktion ? – eine Krise!
- Steigende Arbeitslosigkeit
- sinkende Löhne
- Preisverfall und damit Wertverfall.
Nach demselben Muster verläuft es in der Finanzwelt: Kauf von Aktien und ganzer Unternehmen in möglichst riesigem Ausmaß mit möglichst marktbeherrschender Position, die nur über Geldvorteile, also Kapitalbesitz einzunehmen ist, um diese gewinnbringend weiterzuverkaufen.
Gehandelt wird mit im Konkurrenzkampf geschwächten oder gar pleite gegangenen Unternehmen, deren technischer Ausrüstung und Absatz = Kunden. Alles kann man zu Geld machen – nur nicht die betroffenen Lohnarbeiter, die gerade ihren Job verloren haben. Die sind Abfall des beschriebenen Prozesses und häufen sich folglich auch an. – Das Heer der Arbeitslosen steigt unaufhörlich, weil die Zahl der Unternehmen stetig sinkt, die Produktion wird mit weniger Aufwand fortgesetzt, bis es nur noch einen oder verschwindend wenige, dafür immer riesigere Unternehmen gibt, die ein bestimmtes Produkt herstellen.
Endlich hat sich die Mühe des erbitterten Konkurrenzkampfes gelohnt: Jetzt, wo ein Unternehmen, das so riesig geworden ist, daß man es „Konzern“ nennt, den Markt beherrscht, kann er allein bestimmen zu welchem Preis die Produkte angeboten werden. Soziale Gefühle, das liegt wohl klar auf der Hand, wären fehl am Platz und gar tödlich. Ziel wird es sein, die Preisschraube anzuheben, um immer mehr Geld aus der Produktion herauszuholen, als investiert wird. Bald werden unter dem Dach eines Konzerns mehrere Produkte produziert. Der Erfolg hält nicht lange an – es fehlt an Absatzmöglichkeiten, weil die Kaufkraft aufgrund der gestiegenen Arbeitslosigkeit enorm nachläßt. Wiederum wird das nur über einen Preis- und damit Werteverfall geregelt. Die Produktion wird unaufhörlich von einer Sackgasse zur nächsten geführt, stockt, um auf anderem Niveau wiederbelebt zu werden.
Jetzt geht es ums blanke Überleben der Konzerne – Ziel muß es sein, selbst Rohstoffe zu bergen und aufzubereiten, den internationalen Markt als Absatz der Produkte zu beherrschen. Freiwillig wird niemand seine Rohstoffe, seine Absatzmärkte aufgeben – für kein Geld der Welt! Also muß man sich mit Gewalt holen, muß man sich mit Gewalt aneignen, was man nicht kaufen kann – es wird Krieg geführt – Irak, Afghanistan und streckt bereits die Fühler aus nach Iran.
In der weiteren Entwicklung werden sich nicht mehr Konzerne im Konkurrenzkampf gegenüberstehen, sondern Staaten – immer nach derselben beschriebenen Hackordnung. Da sind wir gerade in der Entwicklung angelangt. Wo früher starke Konzerne zunächst schwächere beseitigten, um sich dann gegenseitig auszuschalten, stehen heute die Interessen einzelner Staaten mit bestimmten politischen Zielen, die diktiert werden von den Konzernen und Finanzhaien. Kapitalismus und Imperialismus sind nichts anderes als die Diktatur des Geldes. Wo Konzerne an ihrer Grenzen stoßen, müssen Politiker den Boden zur Fortführung des Konkurrenzkampfes bereiten, mit allen verfügbaren Mitteln: auch mit Krieg. Gerade erleben wir, wie sich die wirtschaftlich stärkeren Staaten wie Deutschland und Frankreich zusammenschließen, um z.B. Griechenland, später Portugal oder Irland in die Knie zu zwingen. Die Wirtschafts- und Finanzriesen haben längst internationale Interessen angemeldet – immer dem Zwang folgend: Profit anzuhäufen und sich eine Vormachtstellung zu sichern.
Die Folge von all dieser Entwicklung ist auf der anderen Seite: ein riesiges Heer Arbeitsloser, unter Kriegen leidende Völker, Hunger und Not. Diese Unzufriedenheit steigt so an, daß sie bald nicht mehr zu beherrschen ist. Ist die Krise groß genug, daß sie die Form eine Weltwirtschaftskrise (Finanzkrise inbegriffen) annimmt, Kriege auf der Welt toben, ist der Kapitalismus an einem möglichen Wendepunkt angelangt. Nur wenn sich das Heer der Arbeitslosen und notleidenden Bevölkerung seiner Kraft besinnt wird diese Situation in einen Aufstand, eine Revolution münden, die allein dieses marode System des Kapitalismus, der sich durch seine ihm innewohnenden Gesetze selbst zerstören muß, endlich überwinden kann.
Besinnen sie sich nicht, wird der Prozeß auf höherem, weit verheerenderem Niveau von Neuem beginnen und in eine noch größere Krise eines bis dahin ungekannten Ausmaßes, eventuell in die Vernichtung unseres Lebensraumes, der Erde, münden.
So, wie die Konzerne immer mehr internationalen Charakter annehmen,
sollte, nein *MUSS* auch die kommunistische Bewegung internationalen
Charakter annehmen. Leider vermisse ich diese Entwicklung. Nicht nur
national findet man eine heillose Zersplitterung der Kommunisten, auch
international ist man sich höchst unein. Während die Kommunisten
streiten, welchen Weg man einschlägt, ob man nun Stalin ehren oder
verdammen sollte, welche Rolle Trotzki zuzuordnen sei, wie die DDR und
die Vernichtung des sozialistischen Lagers zu werten sei, sich am Thema
„Stasi“ brav entsprechend der Vorgaben der Medien aufreibt anstatt eine
klare Position zu beziehen, während die kommunistischen Parteien und
Gruppierungen das Trennende hervorkehren und keine Einheit finden,
können sie auch keinen Einfluß auf die Massen ausüben. Das ist eine
bittere Tatsache!
Vereint würden aus all den einzelnen Fingern eine kräftige Faust werden. Diese Faust brauchen wir heute!
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