„Ein Leben ohne Hoffnung ist…
Mittwoch, 29. September 2010 12:40
…wie ein Vogel ohne Schwingen.“ (Ernst Thälmann)
Recht hat er, unser Teddy, so grausam es ist, alle Wege ringsherum führen in dunkle Löcher, ohne Licht am Ende des Tunnels.
Vor ein paar Jahren machte ich mich auf die Suche nach einer wirklich ehrlichen und selbstlosen kommunistischen Bewegung in Deutschland. Manches erschien auf den ersten Blick interessant, konnte aber einem zweiten Blick nicht standhalten. Zwischendurch gab ich auf, konnte mich aber immer wieder aufraffen, ich wollte es einfach nicht wahrhaben.
Anfang des Jahres stieß ich durch Wolfgang auf den Aufruf der Kommunistischen Initiative (KI) und war begeistert. Sofort nahm ich Kontakt auf, wollte mitmachen. Kein Weg war mir zu weit, es ging mir um Inhalte, um Aktionen, um Gemeinschaft. Am 8. Mai lernte ich in Berlin Treptow am Ehrenmal die ersten Mitstreiter kennen und wurde jäh vor den Kopf gestoßen. Nein, dachte ich mir, es geht nicht um persönliche Befindlichkeiten es geht um die Sache. So machte ich mir wieder Mut. Ich lernte einzelne Kommunisten kennen, die wirklich welche sind, nicht nur davon sprachen; die waren es wert, nicht gleich wieder aufzugeben.
In der ganzen Zeit bis heute, wir haben jetzt Ende September, vermißte ich gemeinsame Aktivitäten, um die Ziele anzugehen: Die Kommunisten Deutschlands sollten ihre Zersplitterung überwinden, die KI wollte das erreichen. Schon nach kurzer Zeit gab es erste Differenzen innerhalb der wenigen, die sich da gefunden hatten. So zerbrach die KI in zwei Teile, jeder behaupetet für sich, die KI zu sein. Von Mai bis heute erlebe ich, wie es den wenigen, die sich da gefunden hatten, leider nicht um Inhalte geht. Vordergründig geht es darum, Inhalte für eine Selbstdarstellung, für egoistisches Profilieren zu benutzen. Nein, kein Zusammenhalt, keine kommunistische Einheit erlebte ich, sondern, bis auf wenige Ausnahmen, nur Individualisten, die nach Beachtung schreien.
Ich lernte Menschen kennen, die ich sehr achte und bewundere. Dafür bin ich dankbar! Und doch muß ich auch Kritik anbringen. Bei allen Ausarbeitungen der alten verdienten Genossen lese ich, daß Schuld am Scheitern des Sozialismus in der DDR und weltweit allein auf Chrustschow zurückzuführen sei. Dieses Herangehen ist halbherzig und lenkt ab vom eigenen Handeln. Wer von den großen Theoretikern der DDR, die sich heute zu Wort melden, hat jemals zu DDR-Zeiten Chrustschows forcierte Politik, er war bis 1964 Staatsoberhaupt der UdSSR, kritisiert? Wer wagte sich, den eingeschlagenen falschen Kurs in der DDR rechtzeitig zu analysieren? Alle waren still und machten mit. Parteidisziplin ging vor offene Kritik, jeder hätte seinen Rang und Posten verlieren können. Waren Rang und Posten wichtiger als kommunistische Aufmerksamkeit und Verantwortung?
Die sich Kommunisten nennenden linke Personen aus den alten Bundesländern erheben in allen Fragen Führungsanspruch. Kommt es darauf heute an? Einen Führungsanspruch kann man nicht erheben, nicht selbst bestimmen, man kann sich eine Führungsrolle im täglichen praktischen Klassenkampf erwerben. Einen „Führungsanspruch“ zu erheben heißt doch von vornherein, nicht bereit zu sein gemeinsam zu gehen, gemeinsam für eine Sache einzustehen. Auch hier ist die Trennung in Ost und West sichtbar und scheint unüberwindbar. Wir gebrauchen dieselben Worte, verstehen uns jedoch gegenseitig nicht, weil wir grundverschieden vom Leben geprägt sind.
Vordergründig beschäftigt sich die KI mit sich selbst, achtet mehr auf ihre „Verpackung“ als auf Inhalte. Zu jedem Pups, der irgendwo auf der Welt entfleucht, gibt es jetzt eine Gruppe mehr, die auch noch ihre Sichtweise darlegt, oft inhaltlich identisch zu anderen linken Veröffentlichungen (wie z.B. „Offensiv“. Zusätzlich furchtbar lange Ausarbeitungen zu Chrustschows Fehlern, zu Stalins Verdiensten, seitenweise Verweise auf die Klassiker und Selbstdarstellungen (Wirken vor und nach 1945) en masse. Und neuerdings der jämmerliche öffentlich geführte Streit über das Zerwürfnis, öffentliche persönliche Verunglimpfungen, Selbstdarstellung – sonst nicht viel.
Keinen Arbeitslosen, keinen Hartz IV-Empfänger, keinen Menschen, der trotz Arbeit am Existenzminimum knabbert, keinen Menschen, der unter Kriegen zu leiden hat und um seine Existenz kämpft, interessiert, daß Chrustschow ein Revisionist war, welche Zitate wir für seine Situation bei Marx, Engels oder Lenin finden.
Dieses theoretische Wissen ist das Handwerkszeug, das alle Kommunisten in ihrer praktischen politischen Arbeit anzuwenden verstehen müssen, nicht die Ellenbogen! Das wird leider vergessen – über theoretische Ausarbeitungen hinaus, zum Teil praxisfern, mitunter direkt falsch und von Wunschdenken geprägt, geht die „Arbeit“ der KI leider nicht. Noch dazu wollen Einzelne mit Ausarbeitungen auf ihre geistige Größe hinweisen, geschwollene wissenschaftliche Texte, statt praxisnahe leicht verständliche Formulierungen.
Dieses Land, diese Welt braucht eine international vereinte praktisch handelnde Kraft. Niemanden, der sich über andere erhebt. Einzelne fast ausschließlich theoretisch agierende und untereinander zerstrittene Kommunisten können nichts bewirken. Leider bringen sie so nur noch mehr Zerwürfnis in die Linke Bewegung, bei weitem keine noch so propagierte Klarheit oder Einheit. Sie sollten sich darauf besinnen, was einen Kommunisten ausmacht. Und lieber zwei Schritte zurückgehen, um einen Schritt voranzukommen.
Schweren Herzens habe ich meinen Irrtum eingesehen, wohl wissend, daß es keine Alternative gibt. Sicher liegt es auch an mir selbst – ich erkenne bei mir eine abnehmende Bereitschaft zu nichtsbringenden Kompromissen. Ohne Hoffung stellt sich mein Leben fortan wieder von Depressionen bestimmt dar.
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