Bundesdeutsche Rentenberechnung
Jeden Morgen dasselbe… Edwin geht auf Arbeit, ich bleibe zurück. Eine unbeschreibliche Schwere überfällt mich tagtäglich – ich gehöre nicht mehr dazu. Dann sitzt mir ein Kloß im Hals und ich kämpfe mit Tränen. Ich habe das Gefühl, daß ich mich wohl niemals damit abfinden werde, auch gar nicht will. Zu tun hätte ich – saubermachen, Essen kochen, Wäsche waschen. Als ich noch 8 Stunden täglich gearbeitet habe, gingen mir diese Dinge sehr leicht von der Hand, sie gehörten selbstverständlich dazu – jetzt frage ich mich: „Ist das alles, ist das nun mein Leben?“. Die Kinder, 31 und 28 Jahre, sind längst aus dem Haus, haben sich abgenabelt. Ich hätte eigentlich noch 12 Arbeitsjahre vor mir; neurdings sogar etwas mehr. Die Wende kam zu einem Zeitpunkt, wo ich, mit 36 Jahren genug Erfahrung hatte, mehr Verantwortung zu übernehmen. Erfahrung ist in diesem Staat nicht gefragt – und schon gar nicht Erfahrung in einem DDR – Betrieb. Die Hausarbeit bleibt liegen – ich habe ja morgen auch noch Zeit – und das Grübeln beginnt…
Die Rentner, wie meine Mutter, wurden gut mit reichlich Rente versehen, auf daß sie ja ruhig bleiben. Meine Mutter z.B. hat nie studiert, ist gelernte Verkäuferin, hat dann im Büro als Sachbearbeiterin bei der SED Stadtleitung gearbeitet. Man hat ausgerechnet, was sie vergleichsweise auf einer solchen Arbeitsstelle hier in den alten Budesländern verdient hätte. Sie bekommt heute eine sehr gute Rente, dazu noch Wittwenrente, unternimmt ständig Reisen, kauft sich, was immer sie möchte…
Ich habe fast 28 Arbeitsjahre, Studim und Abizeit werden nicht angerechnet, und werde dafür 643,30 Euro Rente erhalten, keiner weiß, was diese Rente in 12, 13 Jahren noch wert ist. Bei meiner Generation wird nicht mehr hochgerechnet, was ich für meine Tätigkeit in den alten Bundesländern vergleichsweise verdient hätte. Begründung: „Sie hatten ja nach der Wende ausreichend Zeit, genügend Geld zu verdienen.“ Welcher Hohn!
Hinzu kommt, dam man hierzulande nur den Teil des DDR-Gehaltes zur Rentenberechnung heranzieht, von dem Sozalabgaben abgezogen wurde. Das waren ca. 600 DDR-Mark (das weiß ich nicht genau, wieviel exakt). Was man mehr verdiente, wird nicht herangezogen zur Rentenberechnung – also doppelter Betrug.
Edwin, der ein paar Jahre jünger ist als ich, bisher ca. 13 Arbeitsjahre, hat jetzt schon einen doppelt so hohen Rentenanspruch im Vergleich zu mir. Er stammt aus dem Ruhrgebiet, hat in Dortmund an der Uni Informatik studiert und von Anfang an recht gut verdient.
Zu DDR-Zeiten habe ich bei Robotron im Schulungszentrum Leipzig Lehrgänge gehalten für internationale (oft Dipl. ) – Ingenieure von großen Rechenanlagen. Ich unterrichtete die Techniker in Assembler (Programmierung) und Betriebssystem. Für diese Tätigkeit erhielt ich anfangs 750 Mark, später um die 800 Mark. Oh man, was hätte ich vergleichsweise wohl in den alten Bundesländern dafür bekommen?! 1989 hatte ich ein Gehalt von 1040 Mark. Diese Gehälter werden nun zur Berechnung meiner Rente genommen, mit 2 % hochgerechnet. Jeder kann sich ausrechnen, daß man hier, in der Bundesrepublik, davon nicht leben kann. 630 € Rente – für 28 Arbeitsjahre, für eine hochqualifizierte Tätigkeit. Dafür könnte man gerade mal die Miete zahlen, Nebenkosten wären kaum abgedeckt. Und wovon sollte ich leben? Ich werde abgestraft, weil ich im Osten dieses Landes geboren wurde, aufwuchs, dort studierte und arbeitete. Dabei hatte ich das Glück, auch nach der Wende noch ein paar Jahre zu arbeiten, auf geringerem Niveau, Arbeit, für die ich nie ein Studium gebraucht hätte. Ich habe mich immer wieder qualifiziert, um auf dem Arbeitsmarkt etwas anbieten zu können… Qualifikation und Erfahrung ist hier auf dem Arbeitsmarkt nicht wichtig. Wichtig sind Herkunft und Geschlecht. Die große Klappe muß man haben, bei der Arbeit nicht denken, egoistisch mit Ellenbogen kämpfen, die Kollegen beim Chef schlecht machen, dem Chef nach dem Mund reden um den nächsten vakanten Posten zu bekommen.
Wenn ich an Freunde denke, die beide nach 1989 immer nur minimal verdienten, der Mann oft arbeitslos war, unentgeltlich arbeitete, in der Hoffnung dann einen Arbeitsvertrag zu bekommen, sie stundenweise arbeitet… was werden die beiden wohl machen, wenn sie in die Rente gehen?
Dieser Staat nennt sich „Sozialstaat“ (Was ist an meiner berechneten Rente sozial?), zum Hohn auch „Rechtsstaat“ und „Demokratie“. Demgegenüber wird meine Heimat, die DDR, als „Unrechtstaat“ bezeichnet… es wird nie einen „Rechtsstaat“ für alle geben. Es wird immer Menschen geben, die bestehende Gesetze nicht anerkennen – für sie wird jeder Staat zum „Unrechtsstaat“. Wenn Demokratie nur bedeutet, daß man aller 4 Jahre zwischen einer Auswahl Parteien, die doch alle nur umsetzen, was Finanzhaie vorgeben, wenn man „Demokratie“ damit definiert, dann pfeif ich auf Demokratie. In diesem Staat gilt eines: „Wahlen ändern nichts, sonst wären sie verboten.“ Man lullt die Menschen hier derart ein, von klein an, daß sie wirklich glauben, diese Scheinwahlen hätten etwas mit Demokratie zu tun. Und weil es eine „Rechtsprechung“ gibt, die dem Recht gewährt, der es zahlen kann und der einflußreich ist, hat das noch lange nichts mit Rechststaat zu tun. Die Rechtsprechung ist / war wohl in beiden Ländern, BRD und DDR, abhängig von Rang und Namen. An den kleinen Fischen demonstriert jeder Staat gern die eigene Größe…
Samstag, 6. Januar 2018 15:13
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